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Billard und Psychoanalyse - von Walter Kortanek

BILLARD UND PSYCHOANALYSE (1.Teil)

Teil 2 - Teil 3 - Teil 4 - Teil 5

Es ist mir nicht bekannt, ob Sigmund Freud dem Billardspiel verfallen war, trotzdem halte ich es für legitim und interessant, unseren Sport "psychologisch" zu betrachten, um dem neugierigen Laien jene psychologische Maxime näher zu bringen, die da abgewandelt lautet:

Billardspieler - erkenne dich selbst!
Sinn und Zweck meiner Auseinandersetzung ist das Veranschaulichen jener seelisch-geistigen Prozesse, denen jeder Billardspieler unterliegt, die ihm aber oft genug nicht als subjektives Erlebnis bewusst werden: "was passiert überhaupt - und warum passiert es ?"
Mein Bericht wird - voraussichtlich in vier Abschnitte gegliedert - ausgehend von den Grundlagen der Psychologie auf eine tiefenpsychologische Betrachtung hinzielen. Dabei erfolgt eine Auseinandersetzung mit den Schwerpunkten:
  • Psychische Kräfte und ihr Einfluß auf den Spieler
  • Psychische Funktionen und ihr Einfluß auf das Spiel
  • Tiefenpsychologie und Psychoanalyse für Spieler
  • Redewendungen und
  • Körperhaltungen der Spielertypen aus analytischer Sicht
  • Die"Psychologie" unterscheidet zwei Komponenten, die in jedem von uns wirken, und zwar:
  • Psychische Kräfte (Triebe, Interessen, Wollen und Gefühle)
  • Psychische Fuktionen (Wahrnehmung und Empfindung, Gedächtnis und Denken)
  • Die Psychischen Kräfte prägen im Billardspieler auf mannigfache Weise dessen Spielverhalten. Wir unterscheiden:
  • Reflexe und Instinkte
  • Triebe
  • Interessen und Werthaltungen
  • Gemütszustände und Gefühle
  • das Wollen
  • Im unter dem Niveau des Bewußtseins liegenden Bereich wirken "Reflexe" und "Instinkte" - deutlich erkennbar an Turnierspielern, bei denen die sogenannten "Streßbelastungen" vegetative Reflexe (z.B. Schweißausbrüche, Gänsehaut, Zittern) Hand in Hand mit psychischen Vorgängen (wie Angst, Zorn) gehen lassen. Wer kennt nicht die angeregte Persaltik (=Darmbewegungen), das "sich auf den Magen Schlagen" in sochen Fällen ? Aber auch in normalen Partien können die Instinkte wirken:
    "Väterliche" Spieler spielen nicht mit vollem Können, um den schwächeren Partner moralisch zu beschützen, geben Rat und Hilfe, während beim "rivalisierenden" Spiel das "Vernichten" des Gegners, der sogenannte "Killerinstinkt" einsetzt. Unter die Instinkte, die wir oft genug im Tierreich wiederfinden (z.B. das Händeschütteln bei den Schimpansen) fallen auch "Übersprungsbewegungen", bei denen zwei Handlungen einander in einem Instinktkonflikt blockieren, durch eine scheinbar sinnlose dritte Handlung aber gelöst werden: Man glaubt beim Partner einen Spielfehler zu sehen, springt auf, will sich auf seinen Stoß konzentrieren, erkennt aber, daß das Point erzielt wurde und - um nicht als unhöflich oder voreilig zu gelten, bedient sich ausgiebig der Queuekreide, ruft übertrieben laut "Bravo" (besonders bei "Säuen") oder heuchelt sonstwie seine Unschuld. Zu den Instinkten, die im Gegensatz zu den Reflexen oft ohne direkte äußere Reize wirksam werden, zählt auch das "Imponiergehaben", das sich bei vielen Spielern schon am Äußeren (z.B. luxuriöse Queuetaschen, beeindruckendes Verhalten, großmauliges Reden) erkennen läßt.
    Andererseits lassen Beifallsgesten, Kopfnicken, etc. auf Zeichen der Unterwürfigkeit (Bewunderung), des Wohlwollens und der Höflichkeit schließen.
    Die "Triebe" gehören zu den wichtigsten psychischen Kräften, ihr Ziel ist eine Herabsetzung bzw. Aufhebung von Spannungen durch die "Befriedigung" der Triebwünsche.
    Dies läßt sich besonders leicht an den sogenannten "vitalen Trieben" erkennen. Diese auch "Erhaltungstriebe" genannten Kräfte beinhalten vor allem den "Sexualtrieb" (jeder Klub ist bestrebt, Nachwuchs heranzuziehen und zu fördern) und den "Nahrungstrieb". Und gerade dieser ist es, auf den jeder Cafetier setzt, der einem Billardklub seine Räumlichkeiten als Heimstätte zur Verfügung stellt. Dabei wird auch der Wunsch nach Schutz befriedigt, denn nicht wenige Spieler sehen im Klublokal das zweite Heim, das ihnen Wärme und Geborgenheit bietet. Typisch für den Billardspieler ist auch der "soziale Trieb" (=Gesellschaftstrieb) mit allen seinen Begleiterscheinungen wie Gruppenbildung (→ Klub), Herrschsucht (→ Hierarchie des Vorstandes und der restlichen Klubmitglieder) usw. Entscheidend aber prägen den Billardspieler die sogenannten "hedonistischen Triebe" (oder Genußtriebe), deren extreme Auswüchse bereits als "Süchte" bezeichnet werden.
    Billard ist ein ausgesprochen lustbetontes Spiel, das auch der Befriedigung anderer Lüste und Genüsse genügend Spielraum läßt:
    Die angenehm ruhige Klubstimmung (sofern nicht einer der Kartenspieler zur Attacke bläst...) fördert die Erholung und Entspannung, man ist nicht daheim und doch nicht an der frischen Luft, man gibt sich dem Nikotingenuß hin (und berfriedigt damit phallische Wunschhandlungen), genießt ein, zwei Glaserln Wein (oder sogenannte "Aufgüsse") oder drei, vier Kaffee (besonders oft erkennbar bei gepeinigten Trainern, die das Wort "Streß" nicht kennen) und beweist damit auch die Existenz jener vierten Gruppe von Trieben, die man "Kulturtriebe" (oder Interessen) nennt. Denn oft genug wendet man sich vom Billardspiel ab, knüpft persönlich-private Kontakte und läßt andere an seinenm Kulturbewußtsein teilhaben (besonders musisch geprägte Menschen wie z.B. Kunsterzieher sind dafür geeignete Studienobjekte).
    Daß das Billardspiel auch Platz für "Süchte" bietet, ist jedoch eine böswillige Verleumdung. Oder sind Ihnen Spieler bekannt, die Anzeichen von "Spielleidenschaft" aufweisen ?

    BILLARD UND PSYCHOANALYSE (2.Teil)
    Teil 1 - Teil 3

    Einen breiten Raum im Leben des Billardspielers nehmen die sogenannten "Interessen und Werthaltungen" ein. Sie erscheinen mir als jene wichtigen Elemente, die den Menschen zum Billardsport bringen. Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, daß alles, was für den Menschen ein Ziel ist, für ihn einen mehr oder weniger (Stellen)Wert einnimmt. Was deshalb dem einen Kunst, Politik, Religion etc., ist dem anderen Billard. Besonders eindrucksvoll ist das Wertsystem des wiener Existenzanalytikers U.E.Frankl, der folgende Werte unterscheidet:

  • Schöpferische Werte (vgl. Sie zum Beispiel die Spielanlage eines Johann Scherz - nur selten gibt er sich mit der naheliegendsten Lösung zufrieden, sondern sucht immer wieder nach neuen "schöpferischen" Wegen)
  • Erlebnis-Werte (beobachten Sie dazu Spieler und ihre Reaktionen auf komplizierte, geradezu "ästhetische" Points)
  • Einstellungs-Werte (sie äußern sich im Engagement, im Ehrgeiz, im Trainingswillen oder im Spielverhalten)
  • Ein besonders reichhaltiges Gebiet sind die Gemütszustände (Gefühle, Stimmungen, Affekte) eines Billardspielers.
    Gefühle entstehen so wie die bisher besprochenen Kräfte autogen, d.h. ohne bewußtes Zutun, doch ist uns ihr Ursprung oft bewußt. Es würde zu weit führen, alle wichtigen Erscheinungsformen der Gefühle anzuführen, stellvertretend sollen hier einige der häufigsten in Zusammenhang mit sichtbaren Spielerhandlungen oder typischen Aussprüchen gebracht werden:
  • Religiöse Gefühle ("Mein Gott!" - Blick zum Himmel - "Jessas naa!")
  • Ästhetische Gefühle ("Spitze", "Herrlich", "Sehr schön, bravo","Pfui !")
  • Sympatische - und Mitgefühle ("Armer/Guter Toutou", Schulterklopfen, Händeschütteln, Bedauern einer Niederlage, Feiern eines Sieges, etc.)
  • Taktgefühl (z.B. "Sehr schön gespielt - aber unglücklich !")
  • Eine besondere Form der Gefühle sind die "Affekte", die sich besonders in Wut oder Zorn äußern.
    Hier machen sich aufgestaute Gefühle in plötzlich auftretenden körperlichen Veränderungen Luft: man schimpft, reagiert sich am Spielmaterial ab ("Scheiß-Queue", "Krax'n") und sieht Gott und die Welt gegen sich gestellt. Sehr oft basieren die Affekte auf "Frustrationsgefühlen", die besonders bei jenen Spielern erkennbar werden, die trotz grosser Anstrengungen (z.B. intensives Training, krampfhafte Konzentration) das sich selbst gesetzte Limit nicht erreichen können. Diese Enttäuschung kann zwar einige Zeit durch Selbstkontrolle eingedämmt werden, führt aber meist schon nach Kurzem zu einer aggressiven und anschließend in eine resignative Phase.
    Im Extremfall bedeutet das, daß sich Spieler mit dem erreichten Niveau zufriedengeben und den Billardsport künftig ohne Leistungsgedanken betreiben, die Ersatzbefriedigung (z.B. Schach, Kartenspiel, Kiebitzen) suchen oder dem Klub überhaupt verloren gehen. Solche Verluste zu vermeiden ist die Aufgabe der Klubleitung - Spitzensport und Spielvergnügen dürfen einander nicht behindern.
    Deshalb muß sich jeder Klub mit dem "Wollen", der hier zuletzt erwähnten psychischen Kraft, auseinandersetzen. Der Klub bietet gegen Bezahlung (=Mitgliedsbeitrag/Spielgebühr) die Spielmöglichkeiten. Soll nun vom Spieler mehr verlangt werden (z.B. mehr Teilnahme am Klubleben, mehr sportlicher Ehrgeiz), so is es notwendig, sich über mögliche "MOTIVATIONEN" der Spieler klar zu werden. Nur so ist das harmonische Klubleben zu sichern .........
    Ein Beispiel möglicher Motivation, um Schiedsrichter zu gewinnen.....

    BILLARD UND PSYCHOANALYSE (3.Teil)
    Teil 2 - Teil 4

    Ich freue mich, nach der langen Sommerpause wieder auf Ihr Interesse zu stossen. Diesmal möchte ich mich mit den psychischen Funktionen auseinandersetzen, und zwar mit dem Sehen, dem Gedächtnis und dem Lernen.
    Oft genug erlebt ein Billardspieler starke Schwankungen in seiner Spielleistung, die sich nicht auf die bisher besprochenen psychischen Kräfte zurückführen lassen, sehr wohl aber auf die Beeinträchtigung psychischer Funktionen, allen voran die Funktion "Sehen".
    Selbst unter der Voraussetzung, dass die Sehkraft ausser Frage steht, können Umstände auftreten, die das Erzielen eines Points erschweren. Häufige Fehlleistung ist das Zielen mit einem Auge - bei ungünstiger Ballstellung passiert das, was der "Mariottische Versuch" beweist.
    Schließt man das rechte Auge und fixiert mit dem Linken Ball 2, so verschwindet bei einem Abstand von ca. 25 cm Ball 3 (durch den sogenannten "Blinden Fleck", d.h. dem lichtunempfindlichen Austritt des Sehnerves).
    "Sehen" wird erst durch die Reflektion von Lichtstrahlen möglich - eine wichtige Voraussetzung für den Billardsport sind deshalb optimale Beleuchtungsverhältnisse. Entscheidend sind auch die Farben der Bälle und des Tuches. Problematisch nur bei Rot-Grün-Farbblinden (Beachte: fast 40% der Männer leiden unter einer Rot-Grün-Schwäche, oft ohne es zu wissen !), ist der Rot-Grün-Kontrast einer der wichtigsten Farbkontraste, die wir kennen. Farbqualität (=Farbreinheit), Farbquantität (=Farbmenge - Rot und Grün besitzen ähnliche Reizwerte) und Farbausgewogenheit (Rot und Grün ergänzen einander als Komplementärfarben) bilden eine ausgewogene Harmonie zwischen rotem Ball und grünem Tuch. Die Helligkeitskontraste können aber beeinträchtigt werden, wenn fremde Lichtquellen den Spieler beeinflussen - nicht nur vom einfallenden Sonnenlicht ist hier die Rede - problematischer ist ein direkter Blick in eine starke Lichtquelle selbst: Jeder von uns kennt die flackernden Lichtpunkte, die in der Folge unser Blickfeld stören und die man "Successivkontrast" (=Nachbild) nennt.
    In einem solchen Fall kann man nur die Augen schießen und die Beruhigung der Netzhaut abwarten.
    Die "Akkomodation", d.h. das Scharfstellen, ergibt weitere Probleme, besonders bei weit auseinender liegenden Bällen - der Mensch vermag nur entweder nahe oder weit entfernte Gegenstände scharf zu sehen, nie beides gleichzeitig. deshalb bedingen solche Stellungen besondere Konzentration und öftere Akkomodation auf Vorder- und Hintergrund.
    Häufig ergeben sich auch für Brillenträger bisher zu wenig beachtete Schwierigkeiten. Denn nicht nur der unterschiedlich starke Schliff der Gläser führt am Rand des Sehfeldes zu Unschärfen, etc., auch nicht entspiegeltes Glas beeinträchtigt durch unliebsame Lichtreflexe das präzise Zielen, gar nicht zu reden von den Nachteilen unsauberer Brillen. Am schlimmsten aber kann sich die Brillenfassung bemerkbar machen - wenn das Gesichtsfeld eingeschränkt wird, besonders bei weit entfernten Bällen, führt dies oft zu Gesichtsverrenkungen, die den Partner möglicherweise erheitern, dem Spieler selbst aber nicht bewusst sein müssen.

    In Verbindung von Sehen und Denken stossen wir auf die "Gestaltspsychologie", deren Bedeutung für den Billardspieler nicht genug gewürdigt werden kann. Geht man nämlich davon aus, dass das Billardspiel auf einer Reihe von elementaren Grundformen und Figuren basiert (z.B. Doueblé, Triplé, Quart, Strichzieher), die im Spiel - wenn auch in stets variierender Folge - immer wiederkehren, so ist es die Aufgabe des Spielers, sich die wichtigsten Stellungs"gestalten" und ihre Lösungsmöglichkeiten einzuprägen. Deshalb ist diese Tatsache besonders für Trainer von Wichtigkeit, da nicht nur bei Anfängern hartnäckige Fehlleistungen in dieser Hinsicht entstehen können. "Untalentierte" Spieler versuchen oft (gleich unbeholfenen Schülern), bestimmte Stellungen bei wiederholtem Training "auswendig" zu lernen - dabei kann sich der spielerische Erfolg erst mit dem "selbst Erkennen" = "Verstehen" einstellen. Nicht, "dass" ein Ball so gespielt gehört, ist wichtig, sondern das "Warum" (und in der Folge das technische "Wie").
    Damit befinden wir uns bereits beim Thema Gedächtnis und Lernen. Jeder Trainer sollte über die wichtigsten Grundlagen des Lernens (wie Einprägung durch Wiederholung und Abwechslung, Schwierigkeitsgrade, Motivation, Lernrhytmus, Kurz- und Langzeitgedächtnis, Übung und Vergessen) bescheid wissen. Wenn bei Auftreten von Lernproblemen auch meist intuitiv richtig gehandelt wird, gibt es doch immer wieder Schwierigkeiten im Lehr- und Lernprozess. Vor allem, wenn dem Lernenden das Assotiationsvermögen fehlt, die Fantasie durchgeht oder die Perserveration einsetzt, d.h. wenn im Kopf des Schülers (gegen dessen Willen) ablenkende Gedanken arbeiten und die Konzentration stören.
    Die Aufgabe des Lehrenden bestehen darin,
  • Probleme und Schwierigkeiten darzulegen
  • Problemlösungen anzubieten
  • Produktives und eigenständiges Denken anzuregen
  • Lernfähigkeiten und Lernfortschritte zu kontrollieren
  • Damit sind die wichtigsten psychologischen Grundlagen umrissen, im nächsten Teil werden erste Tiefenpsychologische Betrachtungen am Beispiel von Redewendungen und Körperhaltungen der Spieler im BSK-Union angestellt.

    BILLARD UND PSYCHOANALYSE (4.Teil)
    Teil 3 - Teil 5

    Wie schon im Vorwort angedeutet, lassen mir Zeitmangel und billardexterne Verpflichtungen derzeit keinen Spielraum für eine konsequente Fortführung dieser Serie. Ich hoffe, in der nächsten Nummer wieder auf Ihr geschätztes Interesse zu stoßen und erlaube mir, Sie mit ein paar Beobachtungsaufgaben darauf vorzubereiten. In den nächsten Teilen möchte ich mich mit den tiefenpsychologischen Aspekten des Billardspieles beschäftigen.Es wird davon die Rede sein, wie sehr immer wieder gehörte Redewendungen auf unsere unterbewußten Mechanismen schließen lassen, wie sehr scheinbar harmlose Wörtchen sexuelle Verdrängung offenbaren. Ein Thema, das außerdem weitaus besser in die Faschingszeit paßt denn in die derzeitige Weihnachtseuphorie. Wenn es Ihnen, lieber Leser, Spaß macht, selbst solchen Überlegungen zu folgen, achten Sie verstärkt auf Aussprüche wie: "Zu kurz - wie zu Hause" oder "Mein Gott, der kann rinnen!". Auch das Repertoire an Gesten und mimischen Gebärden bietet hilfreiche Anhaltspunkte - dementsprechend werde ich Sie im nächsten Jahr auch mit Erscheinungen der Körpersprache konfrontieren. Spricht doch eine psychologische Annahme davon,daß die Körperhaltung die Einstellung zur Umwelt wiederspiegelt. In der Hoffnung, Ihr Interesse geweckt zu haben, bitte ich Sie, mir auch im nächsten Jahr Ihre Aufmerksamkeit zu schenken.

    BILLARD UND PSYCHOANALYSE (5.Teil)
    Teil 1 - Teil 4

    Auch jene, denen das Wort "Psychologie", vielmehr noch "Psychoanalyse", kalte Schauer über den Rücken jagt, wissen um den Begriff "Freud´scher Versprecher". Selbst im Alltag spricht man davon, wenn jemand entgegen seiner Ratio (meist lautähnliche) Begriffe miteinander verwechselt und so sein Unterbewusstsein preisgibt. In der Faschingszeit sei es gestattet, auf theoretische Erklärungen zu verzichten. Vielmehr sollen in der Folge Aussprüche wiedergegeben werden, deren Doppeldeutigkeit leicht mit Eindeutigkeit gleichzusetzen ist und deren sexuelle Veränderungsmechanismen jedem klar werden, der es gestattet, die folgenden Zeilen frei nach dem Motto zu lesen: "Wie der Schelm ist, so denkt er über andere..."
    Vielleicht ergibt sich die Fülle an Beispielen alleine schon aus der Tatsache, dass Billard hierzulande eine Domäne der Männer ist. Da redet es sich schon leichter, sozusagen von Mann zu Mann. Und da schlagen manchmal schon die animalischen Urinstinkte durch, wenn ein sportlicher Wettkampf zu einem rituellen Zweikampf ausartet: oft genug enden derartige - anfangs verbale - Sticheleien in regelrechten körperlichen Kraftakten, zum Beispiel in dem Bestreben, den Ball am öftesten pendeln bzw. am weitesten laufen zu lassen. Andererseits:
    Vielleicht ergibt sich die sexuelle Komponente schon durch das Wort "Queue", das im Deutschen mit "Schwanz" zu übersetzen wäre........
    Wie dem auch sei, nur bösartige Zungen behaupten, dass die Kumpelhaftigkeit der Klub-mit-glieder (welch eine Wortkreation) energiegeladen genug sei, um autonom die notwendige "Wärme" der Bretter aufzubringen. Denn das Händeschütteln vor einer Partie bekommt nur für jene mehr Bedeutung, denen der dazu häufig gebrauchte Wunsch "Gut Stoß !" eine schmutzig-fantasiebefleckte Assoziation mit "Stellung"sspiel und "Stoßrepertoire" ermöglicht. Selbst die Titulierung des Partners mit verbalen Liebkosungen wie "Schatzi" oder "Hasi" (man beachte dabei den sodomistischen Hintergrund) ist letzten Endes moralisch frei von Hintergedanken. Oder ?
    Natürlich wird man sich immer der Schlüpfrigkeit seiner Wortwahl bewusst, aber gerade darin ist doch der Reiz der Sache zu suchen:
    "Verbotene", also "unanständige" Gedanken lassen sich nicht restlos leugnen - was also dem Bewußtsein zuwider läuft, wird ins unterbewusste abgeschoben, aber nicht vergessen - und immer wieder wird dieser sogenannte "Verdrängungsmechanismus" ad absurdum geführt: wie sonst ließe sich heute noch erklären, dass ganze Legionen Erwachsener bei gerade jenen Worten, die sie ihren Sprösslingen zu verbieten trachten, schenkelklatschend aufbrüllen - wenn es sich nur um eine Runde Gleichgesinnter handelt, der man (z.B. beim Heurigen) beweisen darf, dass man längst nicht so prüde ist, wie "man" es eben alltäglich zu sein hat. Und nicht zuletzt werden gerade jene Bereiche in unserer Gesellschaft tabuisiert, um die sich (laut Woody Allen) das Leben dreht: Liebe (Sexualität) und Tod. Wen wundert es da noch, wenn die Verklemmtheit unserer Gegenwart sich an den Auswüchsen der Männerfantasien ablesen läßt ?
    Sie meinen, ich übertreibe ? Interpretiere zu viel in Dinge, die letzten Endes nur "einfach lustig" sein sollen ? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich versuche nur, auch jene Beweggründe zu verstehen, die es ermöglichen, über triviale Zoten zu lachen. Ist nicht gerade das am reizvollsten, was verboten ist ? Und wer von uns hat nicht schon am meisten über jene Witze gelacht, die am "unanständigsten" waren ? Läuft nicht bei jedem von uns gleiches ab: Lachen befreit von Ängsten, Lachen entspannt ? Heißt es nicht: "Schadenfreude ist die größte Freude" ? Na also, seien Sie schadenfroh, wenn Sie andere erleben, denen das Unterbewußtsein einen Streich spielt. Aber lachen sie auch darüber, dass Ihnen selbst gleiches passiert !
    Nein, nein, es ist dabei gar nicht notwendig, eine Billardpartie mit einem Liebesakt zu vergleichen - obwohl bei beiden der Reiz des Spieles eine große Rolle spielt. Aber man muß schon "aufpassen wie ein Haftelmacher" (welches Haftel da wohl gemeint ist ?), um seine Spielweise über das Niveau eines "hilflosen Gestochers" zu heben. Bei jedem Stoß folgt auf das "Eineschau´n" das konzentrierte "Einegeh´n" (in den Ball) wie "zu Hause bei der Mama", wenn möglich "tief und lang", nur selten "schnell und kurz". (Manchmal frage ich mich, wie lange es noch dauern wird, bis der Ödipuskomlpex allgemein so weit bewältigt ist, dass Erwachsene ihren Ehepartner nicht mehr mit dem Attribut der Eltern belegen...). Die Kumpelhaftigkeit aber setzt sich in jener gönnerhaften Handlungsweise fort, wenn der eigene Partner gegenüber anderen mit den Worten in Schutz genommen wird: "Na geh, jetzt lass ihn doch endlich stossen". Das rührt das Herz, das ist echtes Mitgefühl. Da wird selbst die doppelbödige Bemerkung: "Dem ist keiner gewachsen" zum aufputschenden Lob - da läßt man sich auch gerne als billardmäßiger Vibrator titulieren mit dem Satz: "Der macht (es) wie eine Maschine". Gott, welch ein wundervoller Spieler, welch ein begnadeter Mann. Nur manchmal richtet ihn das Spiel zugrunde: Da wird schon manchmal ein Stoß "zu lang" oder "zu kurz", man trifft "zu dick" oder "zu dünn", ja selbst "zu wenig" oder "zu viel" soll es schon gegeben haben. Doch mitunter greift Göttin Fortuna zu und in das Spielgeschehen ein - manch ein Point wird auf höchst glücklichem Wege erzielt - Grund genug, den Partner als "Tröpfler" oder "Rinner" hinzustellen...
    Das aber tut dem Spiel selbst keinen Abbruch - Billard muß Spaß machen, eine Quelle der Lusthaftigkeit sein, eine Betätigung, bei der auch das Reizvolle Seufzerrepertoire mancher Spieler nicht zu falschen Schlüssen verführen darf - bei dem häufigen Aufschrei: "Jessas, genau in´s Loch !".