Teil 2 - Teil 3 - Teil 4 - Teil 5
Es ist mir nicht bekannt, ob Sigmund Freud dem Billardspiel verfallen war, trotzdem halte ich es für legitim und interessant, unseren Sport "psychologisch" zu betrachten, um dem neugierigen Laien jene psychologische Maxime näher zu bringen, die da abgewandelt lautet:
BILLARD UND PSYCHOANALYSE (2.Teil)
Teil 1 - Teil 3
Einen breiten Raum im Leben des Billardspielers nehmen die sogenannten "Interessen und Werthaltungen" ein. Sie erscheinen mir als jene wichtigen Elemente, die den Menschen zum Billardsport bringen. Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, daß alles, was für den Menschen ein Ziel ist, für ihn einen mehr oder weniger (Stellen)Wert einnimmt. Was deshalb dem einen Kunst, Politik, Religion etc., ist dem anderen Billard. Besonders eindrucksvoll ist das Wertsystem des wiener Existenzanalytikers U.E.Frankl, der folgende Werte unterscheidet:
BILLARD UND PSYCHOANALYSE (3.Teil)
Teil 2 - Teil 4
Ich freue mich, nach der langen Sommerpause wieder auf Ihr Interesse zu stossen. Diesmal möchte ich mich mit den psychischen Funktionen auseinandersetzen, und zwar mit dem Sehen, dem Gedächtnis und dem Lernen.
Oft genug erlebt ein Billardspieler starke Schwankungen in seiner Spielleistung, die sich nicht auf die bisher besprochenen psychischen Kräfte zurückführen lassen, sehr wohl aber auf die Beeinträchtigung psychischer Funktionen, allen voran die Funktion "Sehen".
Selbst unter der Voraussetzung, dass die Sehkraft ausser Frage steht, können Umstände auftreten, die das Erzielen eines Points erschweren. Häufige Fehlleistung ist das Zielen mit einem Auge - bei ungünstiger Ballstellung passiert das, was der "Mariottische Versuch" beweist.
Schließt man das rechte Auge und fixiert mit dem Linken Ball 2, so verschwindet bei einem Abstand von ca. 25 cm Ball 3 (durch den sogenannten "Blinden Fleck", d.h. dem lichtunempfindlichen Austritt des Sehnerves).
"Sehen" wird erst durch die Reflektion von Lichtstrahlen möglich - eine wichtige Voraussetzung für den Billardsport sind deshalb optimale Beleuchtungsverhältnisse. Entscheidend sind auch die Farben der Bälle und des Tuches. Problematisch nur bei Rot-Grün-Farbblinden (Beachte: fast 40% der Männer leiden unter einer Rot-Grün-Schwäche, oft ohne es zu wissen !), ist der Rot-Grün-Kontrast einer der wichtigsten Farbkontraste, die wir kennen. Farbqualität (=Farbreinheit), Farbquantität (=Farbmenge - Rot und Grün besitzen ähnliche Reizwerte) und Farbausgewogenheit (Rot und Grün ergänzen einander als Komplementärfarben) bilden eine ausgewogene Harmonie zwischen rotem Ball und grünem Tuch. Die Helligkeitskontraste können aber beeinträchtigt werden, wenn fremde Lichtquellen den Spieler beeinflussen - nicht nur vom einfallenden Sonnenlicht ist hier die Rede - problematischer ist ein direkter Blick in eine starke Lichtquelle selbst: Jeder von uns kennt die flackernden Lichtpunkte, die in der Folge unser Blickfeld stören und die man "Successivkontrast" (=Nachbild) nennt.
In einem solchen Fall kann man nur die Augen schießen und die Beruhigung der Netzhaut abwarten.
Die "Akkomodation", d.h. das Scharfstellen, ergibt weitere Probleme, besonders bei weit auseinender liegenden Bällen - der Mensch vermag nur entweder nahe oder weit entfernte Gegenstände scharf zu sehen, nie beides gleichzeitig. deshalb bedingen solche Stellungen besondere Konzentration und öftere Akkomodation auf Vorder- und Hintergrund.
Häufig ergeben sich auch für Brillenträger bisher zu wenig beachtete Schwierigkeiten. Denn nicht nur der unterschiedlich starke Schliff der Gläser führt am Rand des Sehfeldes zu Unschärfen, etc., auch nicht entspiegeltes Glas beeinträchtigt durch unliebsame Lichtreflexe das präzise Zielen, gar nicht zu reden von den Nachteilen unsauberer Brillen. Am schlimmsten aber kann sich die Brillenfassung bemerkbar machen - wenn das Gesichtsfeld eingeschränkt wird, besonders bei weit entfernten Bällen, führt dies oft zu Gesichtsverrenkungen, die den Partner möglicherweise erheitern, dem Spieler selbst aber nicht bewusst sein müssen.
BILLARD UND PSYCHOANALYSE (4.Teil)
Teil 3 - Teil 5
Wie schon im Vorwort angedeutet, lassen mir Zeitmangel und billardexterne Verpflichtungen derzeit keinen Spielraum für eine konsequente Fortführung dieser Serie. Ich hoffe, in der nächsten Nummer wieder auf Ihr geschätztes Interesse zu stoßen und erlaube mir, Sie mit ein paar Beobachtungsaufgaben darauf vorzubereiten. In den nächsten Teilen möchte ich mich mit den tiefenpsychologischen Aspekten des Billardspieles beschäftigen.Es wird davon die Rede sein, wie sehr immer wieder gehörte Redewendungen auf unsere unterbewußten Mechanismen schließen lassen, wie sehr scheinbar harmlose Wörtchen sexuelle Verdrängung offenbaren. Ein Thema, das außerdem weitaus besser in die Faschingszeit paßt denn in die derzeitige Weihnachtseuphorie. Wenn es Ihnen, lieber Leser, Spaß macht, selbst solchen Überlegungen zu folgen, achten Sie verstärkt auf Aussprüche wie: "Zu kurz - wie zu Hause" oder "Mein Gott, der kann rinnen!". Auch das Repertoire an Gesten und mimischen Gebärden bietet hilfreiche Anhaltspunkte - dementsprechend werde ich Sie im nächsten Jahr auch mit Erscheinungen der Körpersprache konfrontieren. Spricht doch eine psychologische Annahme davon,daß die Körperhaltung die Einstellung zur Umwelt wiederspiegelt. In der Hoffnung, Ihr Interesse geweckt zu haben, bitte ich Sie, mir auch im nächsten Jahr Ihre Aufmerksamkeit zu schenken.
BILLARD UND PSYCHOANALYSE (5.Teil)
Teil 1 - Teil 4
Auch jene, denen das Wort "Psychologie", vielmehr noch "Psychoanalyse", kalte Schauer über den Rücken jagt, wissen um den Begriff "Freud´scher Versprecher". Selbst im Alltag spricht man davon, wenn jemand entgegen seiner Ratio (meist lautähnliche) Begriffe miteinander verwechselt und so sein Unterbewusstsein preisgibt. In der Faschingszeit sei es gestattet, auf theoretische Erklärungen zu verzichten. Vielmehr sollen in der Folge Aussprüche wiedergegeben werden, deren Doppeldeutigkeit leicht mit Eindeutigkeit gleichzusetzen ist und deren sexuelle Veränderungsmechanismen jedem klar werden, der es gestattet, die folgenden Zeilen frei nach dem Motto zu lesen: "Wie der Schelm ist, so denkt er über andere..."
Vielleicht ergibt sich die Fülle an Beispielen alleine schon aus der Tatsache, dass Billard hierzulande eine Domäne der Männer ist. Da redet es sich schon leichter, sozusagen von Mann zu Mann. Und da schlagen manchmal schon die animalischen Urinstinkte durch, wenn ein sportlicher Wettkampf zu einem rituellen Zweikampf ausartet: oft genug enden derartige - anfangs verbale - Sticheleien in regelrechten körperlichen Kraftakten, zum Beispiel in dem Bestreben, den Ball am öftesten pendeln bzw. am weitesten laufen zu lassen. Andererseits:
Vielleicht ergibt sich die sexuelle Komponente schon durch das Wort "Queue", das im Deutschen mit "Schwanz" zu übersetzen wäre........
Wie dem auch sei, nur bösartige Zungen behaupten, dass die Kumpelhaftigkeit der Klub-mit-glieder (welch eine Wortkreation) energiegeladen genug sei, um autonom die notwendige "Wärme" der Bretter aufzubringen. Denn das Händeschütteln vor einer Partie bekommt nur für jene mehr Bedeutung, denen der dazu häufig gebrauchte Wunsch "Gut Stoß !" eine schmutzig-fantasiebefleckte Assoziation mit "Stellung"sspiel und "Stoßrepertoire" ermöglicht. Selbst die Titulierung des Partners mit verbalen Liebkosungen wie "Schatzi" oder "Hasi" (man beachte dabei den sodomistischen Hintergrund) ist letzten Endes moralisch frei von Hintergedanken. Oder ?
Natürlich wird man sich immer der Schlüpfrigkeit seiner Wortwahl bewusst, aber gerade darin ist doch der Reiz der Sache zu suchen:
"Verbotene", also "unanständige" Gedanken lassen sich nicht restlos leugnen - was also dem Bewußtsein zuwider läuft, wird ins unterbewusste abgeschoben, aber nicht vergessen - und immer wieder wird dieser sogenannte "Verdrängungsmechanismus" ad absurdum geführt: wie sonst ließe sich heute noch erklären, dass ganze Legionen Erwachsener bei gerade jenen Worten, die sie ihren Sprösslingen zu verbieten trachten, schenkelklatschend aufbrüllen - wenn es sich nur um eine Runde Gleichgesinnter handelt, der man (z.B. beim Heurigen) beweisen darf, dass man längst nicht so prüde ist, wie "man" es eben alltäglich zu sein hat. Und nicht zuletzt werden gerade jene Bereiche in unserer Gesellschaft tabuisiert, um die sich (laut Woody Allen) das Leben dreht: Liebe (Sexualität) und Tod. Wen wundert es da noch, wenn die Verklemmtheit unserer Gegenwart sich an den Auswüchsen der Männerfantasien ablesen läßt ?
Sie meinen, ich übertreibe ? Interpretiere zu viel in Dinge, die letzten Endes nur "einfach lustig" sein sollen ? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich versuche nur, auch jene Beweggründe zu verstehen, die es ermöglichen, über triviale Zoten zu lachen. Ist nicht gerade das am reizvollsten, was verboten ist ? Und wer von uns hat nicht schon am meisten über jene Witze gelacht, die am "unanständigsten" waren ? Läuft nicht bei jedem von uns gleiches ab: Lachen befreit von Ängsten, Lachen entspannt ? Heißt es nicht: "Schadenfreude ist die größte Freude" ? Na also, seien Sie schadenfroh, wenn Sie andere erleben, denen das Unterbewußtsein einen Streich spielt. Aber lachen sie auch darüber, dass Ihnen selbst gleiches passiert !
Nein, nein, es ist dabei gar nicht notwendig, eine Billardpartie mit einem Liebesakt zu vergleichen - obwohl bei beiden der Reiz des Spieles eine große Rolle spielt. Aber man muß schon "aufpassen wie ein Haftelmacher" (welches Haftel da wohl gemeint ist ?), um seine Spielweise über das Niveau eines "hilflosen Gestochers" zu heben. Bei jedem Stoß folgt auf das "Eineschau´n" das konzentrierte "Einegeh´n" (in den Ball) wie "zu Hause bei der Mama", wenn möglich "tief und lang", nur selten "schnell und kurz". (Manchmal frage ich mich, wie lange es noch dauern wird, bis der Ödipuskomlpex allgemein so weit bewältigt ist, dass Erwachsene ihren Ehepartner nicht mehr mit dem Attribut der Eltern belegen...). Die Kumpelhaftigkeit aber setzt sich in jener gönnerhaften Handlungsweise fort, wenn der eigene Partner gegenüber anderen mit den Worten in Schutz genommen wird: "Na geh, jetzt lass ihn doch endlich stossen". Das rührt das Herz, das ist echtes Mitgefühl. Da wird selbst die doppelbödige Bemerkung: "Dem ist keiner gewachsen" zum aufputschenden Lob - da läßt man sich auch gerne als billardmäßiger Vibrator titulieren mit dem Satz: "Der macht (es) wie eine Maschine". Gott, welch ein wundervoller Spieler, welch ein begnadeter Mann. Nur manchmal richtet ihn das Spiel zugrunde: Da wird schon manchmal ein Stoß "zu lang" oder "zu kurz", man trifft "zu dick" oder "zu dünn", ja selbst "zu wenig" oder "zu viel" soll es schon gegeben haben. Doch mitunter greift Göttin Fortuna zu und in das Spielgeschehen ein - manch ein Point wird auf höchst glücklichem Wege erzielt - Grund genug, den Partner als "Tröpfler" oder "Rinner" hinzustellen...
Das aber tut dem Spiel selbst keinen Abbruch - Billard muß Spaß machen, eine Quelle der Lusthaftigkeit sein, eine Betätigung, bei der auch das Reizvolle Seufzerrepertoire mancher Spieler nicht zu falschen Schlüssen verführen darf - bei dem häufigen Aufschrei: "Jessas, genau in´s Loch !".